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Morsche Knochen
Veröffentlicht von Dr. Hannes K. LEIRER in Dr. LEIRER's Gesundheitsforum • 01.10.2006
Wenn die Knochen eines Menschen mit fortschreitendem Alter ein wenig spröde und ‚morsch‘ werden, nennt das die Medizin Osteoporose. Dieses Wort ist aus zwei Teilen zusammengesetzt:

'OSTEON' ist griechisch und heißt ‚Knochen‘, während der lateinische Ausdruck ‘porus‘ soviel wie ‚Öffnung‘ bedeutet. Insgesamt ist damit ein übermäßiger Abbau sowohl von Knochensubstanz als auch von deren Struktur gemeint, der mit erhöhter Fracturanfälligkeit einhergeht. Dieses Geschehen betrifft das ganze Skelett. Landläufig wird die Krankheit daher auch als Knochenschwund bezeichnet.

Für dieses Geschehen gibt es mannigfache Ursachen, vn denen manche kleinere, andere allerdings deutlich größere Bedeutung haben:

familiäre Veranlagung
Mangel an Sexualhormonen (dabei kommt es durch eine Störung des Gleichgewichts zwischen Knochenaufbau und -abbau zu einem Verlust an Knochenmasse); in diese Gruppe gehört auch die postmenopausale Osteoporose und ein Teil der Osteoporose beim Mann
bösartige Erkrankungen des Knochenmarks, Plasmozytom, Morbus Kahler, die sich primär in einer schnellen Abnahme der Knochendichte niederschlagen
Schilddrüsenüberfunktion
übermäßige Cortison-Produktion der Nebennierenrinde (Morbus Cushing)
Störungen der Nebenschilddrüse (Parathyreoidea)
Ernährungsfehler, also Mangel an Calcium und Vitamin D (Calcium gibt dem Knochen seine Festigkeit und Vitamin D regelt die Aufnahme von Calcium aus der Nahrung)
Untergewicht
Bewegungsmangel
Nikotinmißbrauch
übermäßiger Alkoholkonsum
hochdosierter und regelmäßiger Gebrauch bestimmter Medikamente wie p. e. Cortison oder Heparin

Zur Diagnose der Osteoporose wird die Osteodensitometrie (Knochendichtemessung) herangezogen, bei der ein sogenannter T-Score ermittelt wird. Dies ist ein statistischer Wert, der einen Vergleich des gemessenen Knochendichtewertes mit dem Durchschnitt junger erwachsener Frauen und damit eine Aussage zum jeweiligen Bruchrisiko ermöglicht. Gemacht wird das ganze nach der „Dual energy xray-absorptiometry“, weswegen der Befund auch DEXA-Scan genannt wird.

Die Osteoporose verläuft zunächst unmerklich und schleichend, tritt aber durch plötzliche Knochenbrüche insbesondere bei älteren Menschen unangenehm in Erscheinung. Man unterscheidet prinzipiell allerdings zwischen primärer und sekundärer Osteoporose.

Zur wesentlich häufigeren primären Form zählen die postclimakterische (vorwiegend bei Frauen nach dem „Wechsel“) und die Involutionsosteoporose (Alters-osteoporose).
Die sekundäre Osteoporose tritt hingegen als Folge anderer Erkrankungen auf.
Man kann annehmen, daß circa 30% aller Frauen nach dem Climakterium an primärer Osteoporose erkranken. Aber auch Männer entwickeln ab dem 70. Lebensjahr eine Altersosteoporose in ungefähr gleicher Häufigkeit. Typische Merkmale dieser Erkrankung sind eine Abnahme der Knochenmasse mit Verschlechterung der Knochenarchitektur und der Stabilität dieses Gewebes. Daraus resultiert ein erhöhtes Fracturrisiko (Knochenbrüche). Diese Schäden finden sich insbesondere an den Wirbelkörpern der Wirbelsäule und am Oberschenkelhals. Die Heilung dieser Brüche ist dabei allerdings nicht gestört, die Teile wachsen während des gleichen Zeitraumes wie bei jüngeren Menschen wieder zusammen. Die Folgen solcher Fracturen können jedoch vor allem bei älteren Menschen in bezug auf Mobilität und andere Folgeerkrankungen überaus nachhaltig sein und möglicherweise sogar zum Tode führen.

Was kann man nun therapeutisch tun ? Wichtig ist vor allen Dingen die Prophylaxe, denn körperliche Aktivität schützt vor der Osteoporose. Aber auch das Sonnenlicht ist von größter Wichtigkeit, denn es fördert den Vitamin D-Umsatz der Haut, und dieser Stoff ist wiederum unbedigt für den Einbau des Calciums in die Knochen erforderlich. Damit sind wir bereits beim nächsten Punkt, denn eine adäquate Calcium-Aufnahme stellt die absolute Voraussetzung für einen gesunden Knochenstoffwechsel dar (dabei handelt es sich um circa 1g/Tag).

Wenn die Knochendichte einen kritischen Wert beim DEXA-Scan erreicht hat, wird eine noch etwas eingreifendere Therapie erforderlich. Dabei handelt es sich um die sogenannten Bisphosphonate, die unter verschiedenen Handelsnamen (Fosamax™ oder Actonel™, etc.) bekannt sind. Ihre Einnahme ist etwas mühsam und an ein strenges Schema gebunden, aber diese Medikamente sind durchaus in der Lage, die Situation der jeweiligen Patienten nachhaltig zu verbessern. Das früher sehr rege verwendete Calcitonin ist dadurch etwas in den Hintergrund getreten.

Wenn die Osteoporose hingegen secundär aufgrund einer anderen Grundkrankheit aufgetreten ist, muß man natürlich dort ansetzen und die jeweilige Ursache zu therapieren versuchen.

Eine wichtige Neuerung bei der Therapie der Osteoporose hat sich allerdings in den letzten Jahren ergeben - und zwar dann, wenn schon etwas passiert ist: bereits erfolgte Wirbelfracturen wurden bis dato conservativ behandelt,was in Form von Bettruhe, Analgeticaverabreichung oder Stützkorsetts geschah. Seit knapp zehn Jahren gibt es nunmehr eine Alternative zu diesen traditionellen Therapiestrategien: 1998 fand ein neues, minimal-invasives Verfahren mit der Bezeichnung 'Ballon-Kyphoplastie' Eingang in die Medizin. Diese Technik befaßt sich mit dem Problem der Behebung von Wirbelkörperkompressionsfracturen und stellt eine plausible Alternative zur herkömmlichen Therapie dar. Es handelt sich dabei um einen kleinen orthopädischen Eingriff bei Patienten, die einen oder mehrere Wirbelkörperstauchbrüche erlitten haben - sei es durch primäre oder secundäre Osteoporose Mit dem Eingriff kann die Fractur reduziert und vor allem stabilisiert werden. Außerdem wird die Höhe des Wirbelkörpers wieder hergestellt, und Verformungen können ausgeglichen werden. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand, denn es kommt zu sofortiger Schmerzlinderung verbunden mit rascher Mobilisierung, was die Lebensqualität natürlich rasant wieder verbessert. Man kann diese Methode sowohl unter Localanästhesie als auch mit Vollnarkose einsetzen. Der Patient befindet sich in der Bauchlage und wird von Röntgengeräten überwacht, die Bilder in zwei Ebenen liefern. Der Eingriff dauert in der Regel eine knappe Stunde, wenn es um lediglich eine Fractur geht. Weitere Brüche können in derselben Sitzung versorgt werden.

Primär setzt der Chirurg auf beiden Seiten des Wirbelkörpers zwei kleine Einschnitte und bringt zwei orthopädische Ballons in den gebrochenen Wirbel ein. Diese Gebilde werden sodann im zusammengebrochenen Bereich des Wirbelkörpers vorsichtig aufgedehnt, wodurch die Ausdehnung der Fractur reduziert und das obere Wirbelende angehoben wird. Sobald der Wirbelkörper sozusagen wieder in Form gebracht ist, läßt man das Gas heraus und entfernt die beiden Ballons. Sodann wird der Knochen in seiner nunmehr wieder hergestellten Höhe durch einen speziellen Knochenzement aufgefüllt und daurch stabilisiert. Dies passiert ganz einfach dadurch, daß der Chirurg die zähflüssige Masse in die Höhle spritzt, die er vorher mit dem Ballon erzeugt hat.

Nach der Operation tritt bei den meisten Patienten eine sofortige Schmerzlinderung ein, was gleichbedeutend mit der Möglichkeit zu einer raschen Mobilisierung ist.
Die Ballon-Kyphoplastie stellt ohne jeden Zweifel ein probates Mittel dar, fracturgeschädigten Osteoporosepatienten schnelle und dauernde Linderung ihrer Beschwerden zu verschaffen. Was können Sie aber sonst noch tun ?
Denken Sie an alles, was Sie vorhin schon gelesen haben: Bewegeungsmangel, falsche sowie einseitige Ernährung, Nikotinmißbrauch und fehlender Sonnenschein stellen die Hauptrisikofactoren für die Osteoporose dar ! Betreiben Sie also Sport, ernähren Sie sich gesund und verkriechen Sie sich nicht in einer finsteren Höhle - dann haben Sie alle Chancen, daß Ihre Knochen nicht vorzeitig „morsch“ werden. Darüberhinaus sollten Sie mit Ihrem Hausarzt sprechen, denn er weiß am allerbesten, was Ihrem Körper gut tut !

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