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Mycosen und Pilze
Veröffentlicht von Dr. Hannes K. LEIRER in Dr. LEIRER's Gesundheitsforum • 01.10.2008
Wenn der Durchschnittsbürger an Pilze denkt, kommen ihm in der Regel Stein- oder Fliegenpilz oder aber die saftigen Eierschwammerl in den Sinn. Dies ist auch gut so, aber es gibt noch andere Arten aus der Gattung dieser Lebewesen, die sehr unangenehme Begleiterscheinungen haben können. In der Medizin spielen die Pilze nämlich eine sehr große Rolle, weil sie verschiedene Krankheiten hervorrufen können und häufig auch ein Zeichen für einen nicht übermäßig guten Gesamtzustand des betreffenden Patienten sind. Der Befall eines Menschen mit einem „Schwammerl“ wird gemeinhin als Mycose bezeichnet. Dies umschreibt eine Infektion, die durch Pilze verschiedenster Arten hervorgerufen wird. Prinzipiell gibt es dabei zwei typische Bilder, die sich durch die Localisation differenzieren lassen:

oberflächliche Mycosen (Haut, Schleimhäute, und Nägel)
systemische Mycosen (Befall innerer Organe)

Nach der Art der Erreger unterscheiden wir hingegen Mycel- und Hefepilze.

Der Infectionsvorgang bei einem Menschen beginnt mit dem Anhaften oder Eindringen von pathogenen Pilzen. In der Regel erfolgt dies durch die vermehrungsfähigen Teile der Schwammerl, die sogenannten Sporen. Sodann wächst der Pilz im Wirtsorganismus und nimmt sich von diesem alles, was er braucht, wodurch natürlich entsprechende Symptome auftreten.

Sehen wir uns zunächst die oberflächlichen Mycosen an. Bei Menschen mit einem gesunden Immunsystem werden Dermatomycosen (Pilzerkrankungen der Haut) oder Onychomycosen (Befall der Nägel) meistens durch Dermatophyten hervorgerufen. Diese Schwammerl werden indirekt über Hautschuppen von Mensch zu Mensch übertragen und sind die Urheber chronischer Hautmycosen an allen Körperteilen.
Eine solche „Tinea“ (so nennt man diese ekcemartigen Erscheinungen) benützt das Ceratin der oberen Hautschicht resp. der Nägel als Nahrungsgrundlage für die Dermatophyten. Dabei verläuft die Krankheit in Form von concentrischen Wachstumsringen. Dabei bildet sich ein Randsaum mit Erythem und Schuppung, während die Haut in der Mitte dagegen schon wieder abheilt. In der Regel ist ein gesundes Immunsystem in der Lage, eine solche Infection selbständig zu bekämpfen, dennoch aber empfiehlt sich die locale Anwendung von antimycotischen Crèmes oder Gelées.

Achtung: im Bereich von relativ stark verhornten Handflächen oder Fußsohlen kann es auch zu Infektionen ohne Entzündungsreaktion, aber mit stark überschießender Hyperceratosis (Hornbildung) kommen. Dies sieht nicht so typisch aus, stellt aber dennoch das Vollbild einer localen Mycose dar.

Aus dieser Gruppe von Erkrankungen ist die Tinea pedis (der sogenannte „Fußpilz“) besonders häufig. Dabei wird der Erreger insbesondere beim Barfußgehen in Schwimmbädern oder gemeinsam benutzten Badezimmern weitergereicht.
Bei den Nägeln gibt es prinzipiell zwei verschiedene Erkrankungstypen:

Dabei betreffen leichtere Infectionen betreffen nur den Nagel selber und verschonen das Nagelbett weitgehend. Diese Form ist noch relativ einfach mit localen Therapieformen in den Griff zu bekommen.

Die wesentlich unangenehmere Form einer Onychomycosis liegt allerdings dann vor, wenn tatsächlich auch das Nagelbett befallen ist. Dann stellt sich die Therapie als sehr langwierig (es helfen nur systemisch verabreichte Antimycotica) dar und bietet dennoch ein enorm hohes Recidivrisiko.

In beiden Fällen gelten aber folgende prinzipielle Regeln: atmungsaktive Schuhe sowie Desinfection und häufigstes Wechseln der Socken sind absolute Pflicht !
Die Schwammerl können übrigens auch entlang der Haarfollikel in tiefere Bereiche der Haut vordringen und dort schmerzhafte Entzündungen verursachen. Dieses Bild nennt man dann „Tinea profunda“ und kann zur Bildung compacter Eiterpusteln führen.
Neben verschiedenen seltenen Sonderformen sind die Mycosen der Schleimhäute von ebenfalls eminenter Bedeutung. Mund, Nase, Rachen, Verdauungstrakt und Geschlechtsorgane können davon betroffen sein. Im allgemeinen gilt jedoch, dass bei einem Menschen mit einem gesunden Immunsystem Mycosen der Schleimhäute lediglich an den Geschlechtsorganen auftreten. Hervorgerufen werden diese Erkrankungen meistens durch Pilze aus der Gattung „Candida“ hervorgerufen (vor allem Candida albicans). Sie kommen bei vielen Menschen auf den Schleimhäuten des Verdauungstraktes vor (beispielsweise auf der Zunge als weißer Belag mit umgebender Rötung „Candidiasis“ oder „Soor“). Eine solche Erkrankung ist nahezu immer ein Zeichen eines geschwächten Immunsystems, weshalb man diese Erreger als Opportunitätskeime bezeichnet.

Damit kommen wir nun schon zu den systemischen Mycosen, bei denen der Erreger meist über die Lunge in den Blutkreislauf gelangt ist und auf diesem Weg innere Organe erreicht. Dabei handelt es sich um äußerst schwerwiegende Erkrankungen, die ungemein schwierig zu therapieren sind und sehr häufig letal enden. Normalerweise werden von systemischen Mycosen nur Menschen mit einem hochgradig geschwächten Immunsystem befallen (postoperativ, nach einer Transplantation, nach einer Chemotherapie oder HIV-Patienten). Man spricht dabei wiederum von einer „opportunistischen“ Infection und muß intensiv therapieren (natürlich primär abhängig von der Grundkrankheit).

Achtung: in diese Gruppe gehören auch die von „primär pathogenen“ - in Europa aber nicht vorkommenden ! -Pilzen verursachten Erkrankungen, die auch bei Menschen mit weitgehend intactem Immunsystem schwere systemische Mycosen verursachen können (Blastomycose oder Histoplasmose).

Die Diagnosestellung bei dem Verdacht auf eine Mycosen erfolgt in der Regel durch Entnahme von Proben und anschließende Cultivierung des Erregers. Dies ist erforderlich, um den Keim zu identifizieren und ein entsprechendes Therapeuticum dagegen festlegen zu können (was aber oft zu lange dauert). Da man mit der Behandlung nicht auf diesen Befund warten kann, verwendet man meistens das sogenannte „Nativpräparat“. Dabei wird beispielsweise eine Hautschuppe aus dem befallenen Bereich microskopisch untersucht, wobei man dann aufgrund von Erfahrungswerten mit der Therapie unter Verwendung eines Breitbandantimykoticums beginnt (wobei sich dann nach dem Einlangen des Antibiogramms durchaus die Notwendigkeit einer Zweitbehandlung ergeben kann).

Prinzipiell gibt es für ein suffitientes Schwammerljagen verschiedene Antimycotika, die bei localem Befall auch nur entsprechend local appliciert werden (Crème, Salbe, Gelée, Lutschtabletten, Säfte oder Zäpfchen). Systemisch wird lediglich dann therapiert, wenn die locale Therapie keine genügende Wirkung zeigt. Dann ist die Behandlung meistens aber sehr eingreifend und muß häufig intravenös verabreicht werden, was relativ toxische Wirkungen entfalten kann (vor allem Leber oder Nieren sind davon betroffen). Manche Medikamente können auch in oraler Form angewendet werden, weil sie über den Verdauungstrakt in den Blutkreislauf gelangen. Insbesondere die systemische Behandlung hartnäckiger Onychomycosen verlangt engmaschige Blutkontrollen, um eine Leberschädigung frühzeitig erkennen zu können.

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