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Der Mb. Parkinson
Veröffentlicht von Dr. Hannes K. LEIRER in Dr. LEIRER's Gesundheitsforum • 01.07.2007
Beim Morbus Parkinson handelt es sich um eine progrediente neurologische Erkrankung, als deren Grund degenerative Störungen im Zentralnervensystem (genauer in der sogenannten Extrapyramidalmotorik) des Menschen ausgeforscht werden konnten.
Dabei fallen vier Cardinalsymptome auf:

Rigor (Muskelstarre)
Tremor (Muskelzittern)
Hypokinese (Be-wegungsarmut), die bis zur Akinese (Bewegungslosigkeit) fortschreiten kann
posturale Instabilität (Haltungsinstabilität)

Die eigentliche Ursache der vom britischen Arzt Dr. James Parkinson erstmals im Jahre 1817 beschriebene Erkrankung liegt im Absterben von Zellen in der sogenannten ‚Substantia nigra’ (so bezeichnet man einen Teil des Mittelhirns). Diese Struktur stellt den neurochemischen Botenstoff ‚Dopamin’ her. Geschieht dies nicht in ausreichender Menge, so führt dieser Mangel – vereinfacht gesagt - zu einer zu schwachen Stimulation der Großhirnrinde, in der die wesentlichen Zentren unserer Mobilität localisiert sind. Zusätzlich kann es verschiedene sensorische, cognitive, vegetative und psychische Störungen geben.

Prinzipiell kann man die Krankheit in mehrere grundlegende Gruppen einteilen:
Das Idiopathische Parkinson-Syndrom stellt das weitaus häufigste Erscheinungsbild der Erkrankung dar. Daneben existieren noch einige andere – wesentlich seltenere – Ausprägungsformen, zu denen beispielsweise das ererbte familiäre Parkinson-Syndrom oder das posttraumatische Symptomenbild (Boxerencephalopathie, als deren berühmtes Beispiel der große Muhammad Ali – früher Cassius Clay – gilt !).

Wie sieht nun der typische Verlauf des Mb. Parkinson aus, und wie stellt man die Diagnose ? Meistens beginnt die Erkrankung zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr, wobei Männer etwas häufiger als Frauen betroffen sind. Die Ursache für dieses Geschehen ist mannigfaltig, manifestiert sich jedoch in einem signifikanten Dopaminmangel. Dabei kommt es zu einem Absterben von Nervenzellen in der bereits vorhin erwähnten Substantia nigra, wo normalerweise Dopamin produziert und in andere Hirnbereiche weitertransportiert wird. Die ersten Symptome lassen sich beobachten, wenn bereits circa 70 % dieser sogenannten dopaminergen Zellen abgestorben sind. Der Mangel an dieser Substanz führt dann direkt zu den Cardinalsymptomen Rigor, Tremor und Hypokinese, aber auch zu einer gewissen Verlangsamung im Bereich der geistigen Leistungen. Beachtenswert ist, dass neben dem Dopaminmangel facultativ auch andere Botenstoffe im Gehirn vermindert produziert werden.

Der Mb. Parkinson beginnt schleichend und verläuft progredient, wobei sich die Symptome mit zunehmender Zeitdauer verstärken. Sehr häufig sind die ersten Anzeichen einseitig ausgeprägt, wodurch es beispielsweise zu einem zuerst reduzierten und später ganz fehlendem Mitschwingen eines Armes beim Laufen kommt. Aufgrund von Schmerzen etwa im Schulterbereich kann es durchaus passieren, daß sich Parkinsonpatienten in der Frühphase zuerst an einen Facharzt für Orthopädie wenden, bevor die eigentliche Ursache der Symptomatik erkannt wird.

Eine klare Diagnose läßt sich sodann anhand der Hypokinese stellen. Sie macht sich bei allen Bewegungen, insbesondere aber beim Muskelspiel der Gesichtsmimik bemerkbar (in diesem Zusammenhang ist auch das Salbengesicht zu erwähnen, das durch gesteigerte Talgproduktion entsteht). Ebenfalls auffällig ist die Tatsache, dass das Sprechen leiser und weniger akzentuiert wird. Darüber hinaus kann das Schlucken verzögert sein, wodurch sich vermehrt Speichel in der Mundhöhle ansammelt, was zum Symptom eines scheinbar verstärkten Speichelflusses führt. Auch die Geschicklichkeit der Hände lässt mit dem Fortschreiten der Erkrankung nach, was das Schriftbild kleiner und zittrig werden läßt. Typisch ist darüber hinaus das zunehmend kurzschrittig und schlurfend imponierende Gangbild der Parkinsonpatienten.

Wer schon einmal mit Menschen zu tun gehabt hat, die an dieser Erkrankung leiden, der kennt die sogenannte ‚wächserne’ Steigerung beim Muskeltonus. Dieses Phänomen wird ‚Rigor’ genannt, betrifft die gesamte quergestreifte Muskulatur und führt oft sogar zu Muskelschmerzen. Erkennbar ist es an einer leichten Beugung von Ellenbogengelenk, Rumpf, Nacken sowie der beiden Kniegelenke. Aber auch der berühmte Parkinsontremor (Zittern) ist prägend für das Krankheitsbild. Diese Symptomatik entsteht, weil sich die beugenden und streckenden Muskeln einer Gliedmaße wechselseitig anspannen und nimmt bei rascheren Bewegungen deutlich ab. Letztlich haben Parkinsonpatienten auch unter einer verminderten Stabilität beim Aufrechthalten des Körpers zu leiden, was durch eine Störung der Stellreflexe zustande kommt. Bewegungen werden unsicher, die Patienten kommen leicht ins Trippeln und haben dadurch Angst vor dem Stürzen.
Wichtig ist folgendes: die unterschiedlichen Symptome können bei den einzelnen Erkrankten verschieden stark ausgeprägt sein oder teilweise ganz fehlen. Auch schwanken die Erscheinungsformen im Tagesverlauf. Ansonsten können noch viele weitere Begleitsymptome auftreten, die die Erkrankung verkomplizieren und deren Verlauf durchaus lebensbedrohlich zu gestalten vermögen:

Störungen des gesamten Urogenitalsystems sind häufig und betreffen sowohl die Harnausscheidung als auch die Libido und die Potenz.

Im Verdauungstrakt kann es zu Problemen kommen, die sich sowohl in Gestalt eines Durchfallgeschehens als auch im Wege einer Verstopfung äußern können. Dies ist besonders problematisch, weil solche Vorgänge die Resorption der Medikamente stark beeinflussen können.

Ein leicht depressives Stimmungsbild kann als Frühsymptom dem Ausbruch dem Parkinsonsyndrom möglicherweise Jahre vorausgehen. Letztendlich ist circa die Hälfte der Erkrankten davon betroffenen.

Die als Bradyphrenie bezeichnete Verlangsamung der Denkabläufe ist Ausdruck einer allgemeinen Antriebsstörung der Parkinsonpatienten. Sie ist besonders lästig und bedrückend, weil das Denken nur verlangsamt, nicht aber inhaltlich beeinträchtigt ist.
Was tut man nun, wenn man einem Patienten das Schild ‚Mb. Parkinson’ sozusagen umgehängt hat ? Es gibt heutzutage noch keine Möglichkeit, die fortschreitende Degeneration der zuständigen Bereiche im Zentralnervensystem zu verhindern. Daher kann man lediglich die Symptome behandeln, was den Patienten zumindest in der jahrelangen Anfangsphase der Erkrankung ein nahezu unbehindertes Leben ermöglicht. Dies geschieht hauptsächlich durch die Gabe von L-Dopa, einer Vorstufe des zu wenig vorhandenen Dopamins. Diese Substanz kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden, wozu das fertige Dopamin nicht imstande ist. Aufgrund verschiedener Nebenwirkungen dieser Therapie wird allerdings in der ersten Phase der Erkankung mit sehr gutem Erfolg eine Behandlung mit einem länger wirkenden sogenannten Dopaminagonisten durchgeführt. Daneben gibt es noch verschiedene andere Therapiestrategien, die jedoch von nachgeordneter Bedeutung sind.

Seit einigen Jahren werden auch chirurgische Methoden zur Behandlung des Mb. Parkinson eingesetzt. Die wichtigste davon ist die Tiefenhirnstimulation mittels Stereotaxieelektrode. Dabei wird dem Patienten eine Art ‚Hirnschrittmacher’ eingesetzt, der über dünne Drähte elektrische Impulse in die verschiedene Regionen des Zentralnervensystems schickt, wodurch überaktive Fehlimpulse unterdrückt werden. Dieses Verfahren wird aber lediglich dann angewendet, wenn starke motorische Störungen vorliegen und die medikamentöse Therapie ihre Grenzen erreicht hat.
Derzeit noch Zukunftsmusik stellt die Implantation embryonaler Stammzellen in das Gehirn dar. Bei Ratten konnte man damit zwar den Parkinson-Tremor beseitigen, die Versuche an der Harvard Medical School führten jedoch in einem relativ hohen Prozentsatz zur Entstehung unheilbarer Teratome. Vielversprechend sind dagegen therapeutische Ansätze mit weiterentwickelten Stammzellen, bei denen offenbar noch keine relevanten Nebenwirkungen aufgetreten sind.

Abseits der medizinischen Therapie stellt für den Parkinsondisease-Patienten ausreichende Bewegung das Alpha und Omega seiner Lebensführung dar. Nur damit ist es möglich, die allmähliche Verminderung der Mobilität so lange wie möglich hinauszuzögern. Bei fortgeschrittener Krankheit ist dafür sogar eine speziell auf diese Symptomatik abgestimmte Heilgymnastik erforderlich, die den gesamten Bewegungsapparat des Körpers im Blickfeld hat.

In jedem Fall ist es aber ungemein wichtig, dass der befallene Patient von seiner Familie und seinen Angehörigen so weit wie irgend möglich bei einer weitgehend normalen Lebensführung unterstützt wird, wodurch er sozial integriert bleibt. Berühmte Parkinsondisease-Betroffene wie Leonardo da Vinci oder Papst Johannes Paulus II. legen ein beredtes Zeugnis davon ab, zu welchen Leistungen man fähig ist, wenn man mit dem nötigen Elan gegen die verschiedenen Symptome ankämpft.

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