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Fructosemalabsorption
Veröffentlicht von Dr. Hannes K. LEIRER in Dr. LEIRER's Gesundheitsforum • 01.07.2008
Die Fructosemalabsorption (eine Unverträglichkeit von Fruchtzucker, die man nicht mit der erblichen Fructoseintoleranz verwechseln darf) ist eine Krankheit, bei der die Fructose (der Fruchtzucker) gar nicht - oder zumindest nicht in ausreichenden Mengen - resorbiert werden kann. Die Ursache dafür liegt in der Tatsache, daß der Transport aus dem Innenbereich des Dünndarms in die an der Innenseite der Schleimhaut liegenden Zellen nicht richtig klappt. Die Krankheit ist insbesondere in Mitteleuropa relativ häufig anzutreffen. Aufgrund dieses Transportdefektes bleibt die meiste Fructose im Lumen des gesamten Darmes zurück. Im Colon (Dickdarm), dem letzten Abschnitt des Verdauungssystems, wird der weitertransportierte Fruchtzucker von Darmbacterien ab- und umgebaut. Dadurch entstehen unter anderem CO2 und H2. Aus dieser Tatsache ergeben sich bereits die ersten Symptome: Blähungen, Durchfall, Übelkeit und Bauchschmerzen stellen die wichtigsten Folgen der Verdauungsstörung dar. Wenn man in dieser Situation fortgesetzt Fructose zu sich nimmt, verschlechtert sich die Qualität der Darmflora, wodurch die Resorptionsfähigkeit in der gesamten Abdominalregion weiter verringert wird. Daraus können zusätzliche Probleme im Sinne einer chronischen Verdauungsstörung resultieren. Man muß sich dabei folgendes vor Augen halten: etwa die Hälfte aller Erwachsenen kann täglich nicht mehr als 25g Fructose absorbieren. Allerdings enthält aber bereits ein durchschnittlicher Apfel (200g) die Menge von 11,5g dieser Substanz !

In diesem Zusammenhang muß man nun zwischen Primär- und Secundärsymptomen unterscheiden:

a) Primärsymptome: sie treten nach einmaliger Einnhame von Fructose auf und manifestieren sich hauptsächlich als Bauchschmerzen (aufgrund einer ausgeprägten Gärung im Verdauungssystem)
1) Meteorismus (damit umschreibt man die wegen der vorhandenen Gärung häufig übelriechende Winde produzierenden Blähungen)
2) breiiger Stuhl (wegen der Gärung ebenfalls häufig sehr übelriechend)
3) Diarrhoe (oft ein wegen osmotischer Effekte im Darm wässriger Durchfall)

b) Secundärsymptome: diese Folgen eines Fructosemalabsorptionssyndroms sind teilweise hypothetischer Natur und nicht immer durch Studien belegt. Da ein Zusammenhang mit der Fruchtzuckereinnahme allerdings nicht ausgeschlossen werden kann, sollen sie dennoch Erwähnung finden.
1) Reizdarmsyndrom (durch die ständig wiederkehrenden Gärungs- und Osmosevorgänge)
2) Reizmagensyndrom mit eventueller Refluxsymptomatik (durch zu starke Magensäureproduktion, die aufgrund multipler Verdauungsstörungen ausgelöst werden kann)

Die Stellung der Diagnose ‘Fructosemalabsorption‘ erfolgt heute auf sehr elegante Art durch die Messung des Wasserstoffgehaltes in der Atemluft eines Patienten. Dabei wird die H2-(Wasserstoff)Konzentration in der ausgeatmeten Luft in nüchternem Zustand (und zwar zumindest zehn Stunden vor dem Test !) sowie nach der Aufnahme von Fruchtzucker bestimmt. Daran anschließend nimmt der Patient 20-50g Fructose (aufgelöst in der zehnfachen Menge Wasser) zu sich. Ab diesem Moment wird die H2-Konzentration alle dreißig Minuten gemessen. Sollte dieser Wert dann significant ansteigen, ist der Beweis erbracht und die Diagnose ‘Fructosemalabsorption‘ gestellt. Die Begründung dafür liegt auf der Hand: da eine erhöhte H2-Konzentration typischerweise bei Resorptions- und Verdauungsstörungen sowohl von Kohlenhydraten als auch von Fetten auftritt, werden diese Produkte von den Bacterien der Darmflora metabolisiert, wobei H2 entsteht und den Körper auf natürlichem Wege verlässt. Der Patient hat bei diesem Test nur Fructose zu sich genommen – also muß der Wasserstoff aus dem nicht richtig verdauten Fruchtzucker stammen. Achtung: vor Durchführung dieses Tests soll eine genetisch bedingte Fructoseintoleranz unbedingt ausgeschlossen werden, weil es dabei ansonsten sehr gefährliche Komplikationen geben kann.
Da das Atemluftscreening (beispielsweise durch mehrwöchige Einnahme von antibiotischen Substanzen und die dadurch erfolgte Abtötung H2-produzierender Bacterien) nicht in allen Fällen significant ist, kann es für eine exacte Diagnostik notwendig sein, den Fructose-Spiegel im Blut zu bestimmen. Dafür ist jedoch eine spezielle Methodik erforderlich, die deutlich aufwendiger ist als die standardmäßige Zuckermessung, die beispielsweise ein Diabetiker mit seinen Strips sogar selber durchführen kann.

Darüber hinaus gibt es noch verschiedene andere labortechnische Bestimmungsmethoden, die indirekte Hinweise auf die Fructosemalabsorption zulassen.
Da es für diesen Verdauungsdefekt keine ursächliche Therapie gibt, müssen die betroffenen Patientinnen und Patienten eine sehr strenge, klarerweise fructosearme Diät einhalten. Zusätzlich soll man bei der Ernährung darauf achten, dass die Substanzen Sorbit, Mannit und Xylit möglichst vermieden werden. Dabei handelt es sich um Zuckeraustauschstoffe, die in der Nahrungsmittelindustrie gerne verwendet werden, die Fructoseabsorption jedoch zusätzlich behindern.

Achtung - besonders wichtig ist der folgende Punkt: da 75 - 80% der Patienten mit Lactoseintoleranz auch an Fructosemalabsorption leiden, ist es sehr wichtig, wie ein Detektiv auch in diese Richtung zu ‘ermitteln‘ – insbesondere dann, wenn die spezifischen Symptome trotz fruchtzuckerreduzierter Diät nicht deutlich besser werden !
In diesem Zusammenhang muß man allerdings ein wenig umdenken, denn manche Nahrungsbestandteile einer ‚gesunden Lebensführung‘ sind bei der Fructosemalabsorption neu zu überdenken. Dazu gehört vor allen Dingen eines: Obst gilt zu Recht als Inbegriff gesunder Ernährung, wenn die Verdauung jedoch gestört ist, muß man hier sehr genau differenzieren und dem Patienten jene Sorten empfehlen, die er ohne Reue genießen darf: so werden Äpfel beispielsweise schlecht vertragen, während Bananen hingegen kaum Symptome machen. Dementsprechend gibt es diverse Pläne und Schemata, deren Befolgung ein halbwegs beschwerdefreies Leben mit der Fructosemalabsorption garantieren sollen.

Bei folgenden Nahrungsmitteln besteht beispielsweise eine leidlich gute Verträglichkeit:
Banane, Ananas, Kiwi, Rhabarber, Zuckermelone, Mandarine, Beerenobst, Papaya, Marmelade mit Traubenzucker, Zitronensaft (in kleinen Mengen), reiner Traubenzucker, Milchzucker (außer natürlich bei zusätzlich vorhandener Lactoseintoleranz !), Reis, Mais, Stärke, Hirse, Haferflocken, Roggen, Weizenmehl, Kartoffel, Zucchini, Karotte, Blattsalat, Spinat, Fenchel, Mangold, Sellerie, Milch, Naturyoghurt, Kefir, Käse, Schlagobers, Sauerrahm, Topfen, Schinken, Eier, Wasser, Tee, Kaffee, verdünnte Fruchtsäfte, Wein (in geringen Mengen)

Eher meiden sollte man bei bestehendem Fructosemalabsorptionssyndrom jedoch folgende Nahrungsmittel:
Steinobst, Kernobst, Dörrobst, Kompott oder Marmelade mit Haushaltszucker, konzentrierte Fruchtsäfte, Nüsse, fast alle süßen ‚Light-Produkte‘, Fructose, Honig, Sorbit, Vollkornprodukte, Weizenkleie, Leinsamen, Kohlgemüse, Zwiebel, Lauchgemüse, Sauerkraut, die meisten Rohkostarten, ballaststoffreiche Nahrung, Milchmixprodukte, gesüßte Milchprodukte, Speiseeis, fertige Fleischsalate, Konserven, Wurstwaren mit Zuckerzusatzstoffen, Bier, Zichorienkaffee, Limonaden

Mit etwas Geschick lässt sich also durchaus ein akzeptabler Speiseplan für jene Menschen erstellen, die an einem Fructosemalabsorptionssyndrom leiden. Man muß dabei nur etwas umdenken, denn an sich gesunde sowie wertvolle Nahrungsmittel sind für diese Patientinnen und Patienten absolut verpönt. Wichtig ist in jedem Fall eine eingehende Ernährungsberatung und die Schärfung des Gespürs, was der einzelne nun denn tatsächlich in welcher Menge zu sich nehmen darf. Wenn dies gelingt, steht einem beschwerdefreien Leben auch mit einer Fruchtzuckerverdauungsstörung nichts mehr im Wege !

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